Schilling

Aus MGM Münzlexikon
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Trier, Kuno von Falkenstein (1362 – 1388) als Koadjutor, Doppelschilling o. J (1367) aus der Münzstätte Deutz. Die Rückseite ist nach dem Vorbild der neapolitanischen Gigliati gestaltet worden.

1. Mittelalter. Ursprünglich germanische, in ihrer genauen Bedeutung noch ungeklärte Bezeichnung für den spätrömischen und byzantinischen Solidus (in Urkunden um 550 und 750), der in den germanischen Reichen der Völkerwanderungszeit nach konstantinischem Münzfuß und größtenteils in enger Anlehnung an Umschrift und Bild der byzantinischen Solidi entstand; so schon unter den Vandalen in Afrika mit dem Namen Valentinianus’ III. (424 – 455) und von Anastasios (491– 517). Der Ostgotenkönig Theoderich (471– 526) ahmte Solidi mit dem Namen des Anastasios, seinem eigenen Monogramm und den Kennzeichen der Münzstätten Mailand, Ravenna und Rom nach. Westgoten und Langobarden prägten nur verwilderte Solidi, der Burgunderkönig Gundobad (473–516) die des Anastasios mit eigenem Monogramm. Der Frankenkönig Theodebert (534 – 548) dagegen ließ erst 544 bis 548 Goldstücke unter eigenem Namen schlagen. Nach 580 wurden im Südosten des Franken-Reichs die Solidi von 24 auf 21 Siliquae herabgesetzt. Diese Prägung begann mit dem Bild und Namen des bzyantinischen Kaisers Maurikios (582 bis 602) und dauerte etwa bis zur Mitte des 7. Jh., Rauhgewicht etwa 4 g. Unter Chlotar (Lothar) II. (613 – 628) erfolgte eine weitere Abwertung auf 20 Siliquae (3,18 g Gewicht) mit der Wertangabe XX. Im Franken-Reich wurden später nur noch Trienten (→ Triens) ausgebracht, neben ihnen seit dem 7. Jh. Denare, die man in karolingischer Zeit fast ausschließlich zu 40, seit 743 zu 12 Stück auf den Schilling prägte. Der Schilling (12 Denare - Pfennige -, 1⁄20 (Gewichts-)Pfund) wurde zur Rechnungsmünze und verbreitete sich – verbunden mit dem Pfund (240 Denare - Pfennige) als größere Rechnungsmünze im ganzen Karolinger-Reich (mit Ausnahme Frieslands und Bayerns) und darüber hinaus in Spanien, Italien und, seit dem 11. Jh., auch in England (→ Penny).
Im 13. Jh. wurde der Schilling zur realen Münze, als unter König Ludwig (Louis) IX. von Frankreich (1226 –1270) am 24. Juli 1266 der grossus denarius turonensis (→ Gros tournois ) zu 12 Deniers tournois eingeführt wurde. Diese Münze, zu deutsch der Turnose-Groschen, wurde sehr schnell von französischen, flandrischen und rheinländischen Münzherren mit zahlreichen Beischlägen nachgeahmt, womit oft eine Verschlechterung des Feingehalts verbunden war. Im Rheinland wurde der Doppel-Schilling zu 24 Pfennigen zur wichtigsten Silbermünze des Rheinischen Münzvereins. Der Kurfürst von Trier, Kuno von Falkenstein (1362 –1388) ließ 1367 den Doppel-Schilling (2,63 g) mit neuem Münzbildern (Petrus im gotischen Gehäuse oder stehender Erzbischof) ausbringen und als → Weißpfennig (Albus) bezeichnen (die Rs. eines Doppel-Schilling ist den neapolitanischen → Gigliato nachgebildet). Diesen Münztyp übernahm 1385/86 der → Rheinische Münzverein.
An der Ostseeküste, in Preußen, im Gebiet des → Wendischen Münzvereins, in Franken und Schwaben bezeichnete man den Grossus nach seinem Wert von 12 Pfennigen als Schilling. Im Wendischen Münzverein (Lübeck, Hamburg, Wismar und Lüneburg) begann die Ausbringung des Schilling (Lübischer Schilling) zu 12 Pfennig und im Gewicht von 2,54 g (92 Stück aus der Mark) im Jahr 1432 (Abb. → Adler). Die Stadt Lübeck hatte allerdings schon 1365 ihren ersten Schilling mit 4,1 g geprägt. Der Lübische Schilling war also zehnlötig, ein Exemplar enthielt 1,59 g Silber. Der Rezeß des Wendischen Münzvereins von 1467 erlaubte dann auch die Prägung des Doppel-Schillings. Die ältesten preußischen Schillinge des Deutschen Ordens stammen aus der Zeit des Großmeisters Winrich von Kniprode (1351 bis 1382), Feingewicht 1,39 g Silber bei 1,67 g Rauhgewicht. Ihr Münzfuß verschlechterte sich unter Johann von Tiefen (1489 bis 1497) auf 757 1⁄3 Stücke aus der feinen Kulmischen Mark (etwa 190 g), d. h., auf 0,24 g Feingewicht bei 1,32 g Rauhgewicht. Im Marienburger Rezeß von 1528 wurde der preußische Schilling mit 6 Pfennig bewertet, 3 Schilling = 1 Groschen. Dem Vorbild des Deutschen Ordens folgte auch der Livländische Orden mit einer eigenen Schilling-Prägung in Reval (heute Tallinn), Riga und Dorpat (heute Tartu). → Artig.
Im bayerisch-österreichischen Währungsgebiet galt als Besonderheit der lange Schilling (Solidus longus) als Rechnungsmünze zu 30 Pfennig. In Franken entstanden 1369 fränkische Schillinge unter Friedrich V. von Nürnberg (gest. 1398) in gemeinsamer Prägung mit den Bischöfen von Bamberg und Würzburg, Rauhgewicht etwa 1,88 g. In verschiedenen Verträgen des → Fränkischen Münzvereins bis zu Beginn des 16. Jh. wurden Ausbringung und Gepräge der Schillinge geregelt. Der erste schwäbische Münzverein (1396 zwischen Leopold von Österreich [1386 –1411], Bischof Burkhard von Augsburg [1373 –1404], Graf Eberhard IV. von Württemberg [1417 bis 1419], den Grafen Ludwig und Friedrich von Öttingen sowie den Reichsstädten Ulm, Eßlingen und Gmünd geschlossen) plante Schillinge mit 1,522 g Feinsilber bei 2,283 g Rauhgewicht. Mehrere Zusammenschlüsse anderer Münzstätten im oberrheinischen Raum (1404) führten nicht zu einer einheitlichen Münzgestaltung. Erst 1423 schlossen sich die Bodensee-Städte im → Riedlinger Vertrag endgültig zum → Schwäbischen Münzbund zusammen. Eine neue Abwertung setzte den Schilling auf 1,124 g Feinsilber bei 1,686 g Rauhgewicht, 26 Stück = 1 Rheinischer Gulden. Württemberg prägte 1493 Schillinge mit einem Feingewicht von 0,96 g bei 1,5 g Rauhgewicht (um 1580 nur noch 0,8 g Feingewicht bei 1,6 g Rauhgewicht), 28 Schillinge = 1 Gulden. Nach der Kipper- und Wipperzeit endete die Schilling-Prägung in Württemberg.
2. Neuzeit. Bei einer fortlaufenden Verschlechterung der Schillinge kann man folgende Gruppen unterscheiden:
2.1. Fränkischer Schilling. Das Bistum Würzburg prägte den Schilling (Schillinger) bis zur Säkularisation 1803; im 16. Jh. mit Landesschild und 28 im Reichsapfel (= 1⁄28 Gulden), danach mit Landesschild und Darstellung des heiligen Kilianus. Dieser → Kilian-Schilling gehörte mit 1,45 g Rauhgewicht (16. Jh., bis 1800 auf 0,85 g verringert) zu den wertbeständigsten Schilling-Münzen.
2.2. Süddeutscher Schilling. Der Schilling nach dem Riedlinger Vertrag von 1423 hatte ein Rauhgewicht von von 1,68 g und ein Feingewicht von 1,12 g. Allerdings stieg der Kurs des süddeutschen Schillings gegenüber dem Goldgulden sehr bald an, so daß diese Relation nicht gehalten werden konnte (→ Schwäbischer Münzbund).
2.3. Westfälischer Schilling. Der Westfälische Schilling galt 1⁄28 Taler (z. B. Osnabrück, Münster, Paderborn, Corvey). Auf den Schilling und Doppel-Schilling vom Bistum Münster erscheinen daher die Wertzahlen 28 bzw. 14. In Lippe und Bentheim-Tecklenburg z. B. wurden 21 Schillinge auf den Taler gerechnet. Diese Wertrelation erschien dann auch auf den Münzen z. B. von Lippe, Rietberg oder dem Hochstift Paderborn mit der Umschrift LANDMVNTZ XXI ZVM DALER und der Wertzahl 21 im Reichsapfel. Dort, wo 28 Schilling auf den Taler gerechnet wurden, waren das die Kipper-1 1⁄2-Schilling, die z. B. in lippischen Münzakten mit Doppel-Schilling bezeichnet werden. In Westfalen wurde der Schilling auch erstmals als Kupfermünze (bis zum 3-Schilling-Stück) ausgebracht, von der Stadt Münster schon ab 1560. Der Dortmunder Schilling (Stüber) galt 12 Pfennig, 52 S. entfielen auf den Reichstaler.
2.4. Im Ostsee-Raum behauptete sich der Lübische S. (Lüb-S.), der seit der zweiten Hälfte des 16. Jh. als Doppel-Schilling zur dominierenden Münze im Geldverkehr geworden war. Allerdings avancierte der Doppel-Schilling (mit DS oder der Wertzahl 16 auf der Brust des Reichsadlers = 16 auf einen Taler) dann auch zur norddeutschen Hauptkippermünze, so daß im Hamburger Vertrag von 1622 die Ausbringung des alten Doppel-Schilling verboten wurde. Im Bereich des Wendischen Münzvereins wurde die Mark mit 16 Schillingen bewertet, eine Relation, die bis zum Ende der Schilling-Währung beibehalten wurde. Die letzten hamburgischen Schillinge wurden 1855 in Berlin geprägt. Sie zeigten ursprünglich die Wertzahl 32 (1⁄32 Reichstaler), 32 Schillinge = 1 Reichstaler (seit 1566), seit 1622 galten 48 Schillinge = 1 Reichstaler (östlich der Elbe, westlich von ihr blieb es bei 32 Schillinge auf den Taler. Ähnlich verlief die Entwicklung anderer Schillinge nach lübischem Fuß, vor allem des bis 1789 geprägten Lübecker Schilling. Vom 17. bis in das 19. Jh. wurden auch 32-, 16-, 12-, 8- und 4-Schilling-Stücke geprägt. Der lübische Schilling wurde bis in das 19. Jh. als Schwerer Schilling bezeichnet, der mecklenburgische hingegen als leichter Schilling. Das drückte sich auch in den Umrechnungsrelationen bei der Einführung der Reichswährung ab 1871 aus (die norddeutschen Schilling-Nominale wurden nach dem Gesetz von 21. September 1875 ungültig). Demnach wurde ein → Schwerer Schilling mit 7 1⁄2 Pfennig und ein leichter Schilling mit 6 1⁄4 Pfennig der Reichswährung umgerechnet.
2.5. Brandenburg-preußischer Schilling. Erste brandenburgische Doppel-Schillinge (nach lübischem Fuß) und 1⁄2 S. entstanden 1599 unter Joachim Friedrich (1598 –1608), erstere zu 70 Stück aus der Kölnischen Mark, 469⁄1000 fein. In Königsberg 1654 bis 1693 geschlagene Schillinge folgen dem polnischen Münzfuß, sind Billonmünzen und etwa 94⁄1000 fein; sie paßten sich damit dem Umlaufgebiet an. Dieser Münzfuß blieb bis 1790 erhalten, danach erfolgte eine reine Kupferprägung, die letzte preußische Schilling-Münze stammt von 1810.
2.6. Schleswig-holsteinischer Schilling. In den Herzogtümern galt der Speciestaler = 60 Schilling schleswig-holsteinisches Courant. 1813 wurde der dänische Rigsbankdaler (= 1⁄2 Speciestaler) zu 96 Rigsbankskilling eingeführt, wobei die Wertbezeichnung auf den Schilling-Münzen ab 1816 bis 1839 in deutscher Schreibweise als „Reichsbankschilling“ angegeben war. Ab 1842 erschien dann wieder die Wertangabe in schleswig-holsteinisch Courant, 30 Schillinge Courant = 1 Rigsbankdaler.
2.7. Sundischer Schilling. In Pommern ließ Herzog Bogislaus IX. (1418 –1446) in Stolp Schillinge als Beischläge zu denen des Deutschen Ordens schlagen. Die pommerschen (Sundischen) Schillinge entsprachen wertmäßig Zweidritteln (ab etwa dem späten 15. Jh. der Hälfte) des Lübischen Schillings; 48 pommersche Schillinge = 1 Goldgulden. 1428 schlossen fünf Städte mit dem Herzog von Pommern einen Münzvertrag, 1 Sundischer Schilling (Großpfennig) = 12 Sundische Pfennige = 2 Stettiner Witten. Der Sundische Schilling hatte ein Rauhgewicht von 2,2 g und wurde zu 106 Stück aus der 8 1⁄2lötigen Mark ausgebracht. Das Wertverhältnis von 1 Sundischen Schilling = 1⁄2 Lübischen Schilling (der Sundische Schilling entsprach also exakt dem Sechsling der lübischen Währung) wurde auch in der 1492 beschlossenen pommerschen Schilling-Prägung aufrecht erhalten. Die Stadt Stralsund prägte jedoch 1538 neben dem Sundischen Schilling (= Sechsling nach lübischen Fuß) einen Doppel-Schilling nach lübischem Fuß, der damit vier Sundischen Schillingen entsprach.
3. Polnischer Schilling. König Sigismund I. von Polen (1506 –1548) bestimmte in seiner Münzordnung für den Schilling ein Rauhgewicht von 1,24 g bei einem Feingehalt von 0,23 g Silber (185⁄1000). Dieser Münzfuß verschlechterte sich ständig, bis der Schilling unter Johann II. Casimir (1648 –1668) zur reinen Kupfermünze wurde. August III., Kurfürst von Sachsen und König von Polen (1733 –1763), ließ 1755 große Mengen von stark unterwertigen Schillingen zur Finanzierung seines Staatshaushalts prägen. Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jh. wurden alle polnischen Schillinge aus Kupfer geschlagen.
4. Österreichischer Schilling. 1924 wurde die Kronen-Währung auf Schilling-Währung umgestellt. Es entstanden Goldstücke, 900⁄1000 fein, zu 100 und 25 Schillingen, 23,47 und 5,85 g schwer; aus Silber wurden Stücke zu 5, 2, 1 und 1⁄2 S. geprägt, 1 Schilling = 100 Groschen. Nach der Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich 1938 galt in Österreich, offiziell als Ostmark bezeichnet, die Reichsmark-Währung. 1945 kehrte Österreich wieder zur Schilling-Währung zurück, die dann bis zur Einführung des Euro 2002 (1999) Bestand hatte.
5. Schweizerischer Schilling. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit deckt sich die Entwicklung des Schillings als Rechnungsmünze in der Schweiz mit der in den anderen deutschen Gebieten am Oberrhein, wobei sich ebenfalls lokale Schillinge herausbildeten. In Zürich wurden die ersten Schilling-Münzen zu Beginn des 16. Jh. ausgebracht, 1 Schilling = 2 Sechser = 6 Pfennige = 12 Heller (Haller). In Luzern wurde der Schilling unter dem Namen Plappart seit etwa 1425 im Wert von 15 Stäblerpfennigen ausgebracht, 24 Schillinge bzw. Plapparte entfielen auf den Goldgulden. Noch in der ersten Hälfte des 19. Jh. gab es in den einigen Kantonen den Schilling als Münznominal (und in noch mehr Kantonen als Rechnungsmünze), jedoch mit sehr unterschiedlichem Währungsaufbau. In Glarus wurden zwischen 1806 und 1814 Schilling-Nominale geprägt, 1 Schilling = 3 Rappen = 6 Angster. In Zug wurde der Schilling bis 1784 ausgebracht, 1 Schilling = 3 Rappen = 12 Haller. In Uri galt der Schilling = 6 Angster = 12 Heller, 40 Schillinge = 1 Gulden. Die letzte Schilling-Ausbringung erfolgte jedoch schon 1641.
Schelling, → Shilling, → Skilling

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Lüneburg (Stadt), Schilling o. J. nach dem Rezeß von 1432


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Schilling o. J. des Livländischen Ordens (15. Jahrhundert), Münzstätte Reval


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Kupfer-Schilling von 1595 der Stadt Beckum mit der Wertzahl XII (Pfennige) auf der Rückseite


Doppelschilling 1620 von Herzog August dem Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel (1604 – 1635 im Amt Hitzacker). Die Wertangabe ist auf beiden Münzseiten vorhanden, einmal mit DS für Doppelschilling (oder lat. Duplex Solidus) und mit der Zahl 16 (auf den Reichstaler). Da aber der Name des Herzogs auf der Münze fehlt, wird deutlich, daß es sich um eine Zwitterprägung handelt, die aus zwei ursprünglich nicht zusammengehörenden Stempeln geschlagen worden ist.


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1 Schilling lübisch 1789, die letzte Schilling-Münze der Stadt Lübeck (von 1796/97 gibt es noch 32-Schilling-Stücke = Doppelmark)


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60 SCHILLING · SCHLESW · HOLST · COURANT als Wertangabe in der Umschrift der Rückseite eines Speciestalers (1 – SP) von Schleswig-Holstein 1795


Sundischer Schilling (Sechsling nach lübischem Fuß) 1538 der Stadt Stralsund mit dem „redenden“ Wappen der Stadt, dem Strahl, auf der Vorderseite