Römische Münzen

Aus MGM Münzlexikon
Römische Münzen.png
Römische Didrachme vom Typ Mars/ Pferdekopf, geprägt um 280 – 272, Münzstätte Metapont

Korpus der Münzen der Römischen Republik und Kaiserzeit. Vor der Einführung des Münzgelds dienten den Völkern Mittelitaliens als Tauschmittel gewogene Bronze-Gußklumpen (→ Aes rude). Die Geschichte des römischen Münzwesens begann im frühen 3. Jh. v. Chr. mit Emissionen gegossener rechteckiger Bronzebarren (→ Aes signatum), gegossener runder Großbronzen (→ Aes grave) sowie geprägter Silber- und Bronzemünzen nach kampanischem Vorbild. Wahrscheinlich kamen die Aes-signatum-Stücke, von denen es verschiedene Typen gibt (z. B. Adler/Pegasus, Elefant/Muttersau, Dreizack/Botenstab) und deren Höchstgewicht etwa 1600 g beträgt, am Ende des Ersten Punischen Kriegs (264 bis 241 v. Chr.) außer Gebrauch. Die Einheit der Aes-grave-Reihen mit Stücken in mehreren Wertstufen bildete der As, der bei stadtrömischen Emissionen anfangs dem Gewicht eines römischen Pfunds, der Libra zu 327,45 g, entsprach. Im Verlaufe des 3. Jh. v. Chr. erfolgten wiederholt Reduktionen des As-Standards. Ab dem Sextantal-Fuß (ein As wog dann nur noch 1⁄6 Pfund (Libra) und dem Uncial-Fuß (1 As im Gewicht = 1 Uncia = 1⁄12 Pfund = 27,287 g) wurden die As-Münzen nicht mehr gegossen, sondern geprägt.
Bei den ältesten römischen Silbermünzen, die nach kampanischem Vorbild in Metapont geprägt worden sind, handelt es sich fast ausschließlich um Didrachmen (nummi), die folgende vier Typen, jeweils mit der Legende ROMANO versehen, bilden: Mars/Pferdekopf (7,52 g), Apollo/Pferd (7,10 g), Hercules/Wölfin mit Romulus und Remus (6,97 g), Roma/Victoria (6,55 g). Um 235 v. Chr. kam ein neuer Typ der Didrachmen – Ianus/Iuppiter in Quadriga, Legende ROMA – zu 6,82 g in Umlauf, nach seinem Rs.-Bild als Quadrigatus bezeichnet. In Süditalien kursierten Bronzemünzen zu 1 und 1⁄2 Litra (1 Didrachme = 10 Litren). Während des zweiten Punischen Kriegs (218 bis 201 v. Chr.), wahrscheinlich zwischen 213 und 211 v. Chr., wurden neue Silbermünzen eingeführt, und zwar als Halbquadrigatus der Victoriat (3,41 g), bezeichnet nach seinem Standardtyp Iuppiter/Victoria, eine Trophäe bekränzend, sowie an Stelle der Nummi und Quadrigati 211 v. Chr. der Denar zu 1⁄72 Pfund = 4,55 g (sinkt jedoch noch vor 200 v. Chr. auf 1⁄84 Pfund = 3,98 g), Typ Roma/Dioskuren, Legende ROMA, Wertzeichen X (= 10 Asses). Seine Teilstücke waren der Quinar mit Wertzeichen V (= 5 Asses) und der Sesterz mit Wertzeichen IIS (= 2 1⁄2 Asses) im Gewicht von 1 Scripulum = 1,137 g, als Rechnungsmünze in Silber nur wenig ausgeprägt (in der Kaiserzeit war er dann die dominierende Messing- bzw. Bronzemünze, in der auch große Summen ausgedrückt wurden). Der Denar blieb über 400 Jahre Hauptsilbermünze im Römischen Reich. Die im Gewicht stark herabgesetzten Schwergeldreihen (Aes grave) wurden durch Bronzeprägungen im Sextantal-Fuß (1 As im Gewicht von 1⁄6 Pfund = 54,575 g ab 211 v. Chr. abgelöst.
Erste Goldmünzenemissionen, Statere und Halbstatere, mit dem Gepräge Ianus-Kopf/Schwurszene, erfolgten 216 v. Chr. Nach der Einführung des Denars wurden auch Goldmünzen – Mars/Adler – zu 60, 40 und 20 Asses (3,41 g, 2,27 g und 1,14 g) ausgegeben. Die Prägung des Aureus wurde 84/83 v. Chr. von Lucius Cornelius Sulla (138 –78 v. Chr.) im Gewicht von 1⁄30 Pfund = 10,92 g aufgenommen, doch erst unter Iulius Caesar (100 – 44 v. Chr.) begann ab 46 v. Chr. die massenhafte Ausbringung dieser Goldmünze (mit erbeutetem gallischem Gold), jetzt im Gewicht von 1⁄40 Pfund = 8,19 g. Der Aureus entsprach 25 Denaren. Weitere Münznominale der Römischen Republik siehe unter den einzelnen Stichwörtern: Bes, Decussis, Dextans, Dodrans, Dupondius, Quadrans, Quartuncia, Quincunx, Quincussis, Semuncia, Sextans, Tressis, Triens und Uncia.
Nach dem endgültigen Sieg Roms über Karthago und den Achaeischen Bund (146 v. Chr.) erfuhr das vorher aus handelspolitischen Gründen relativ konstant gehaltene Münzbild wesentliche Veränderungen. Die Münzbeamten, deren Name schon seit langem auf den Münzen ausgewiesen worden waren, wählten nunmehr Bildmotive, mit denen die Bedeutung ihrer Familien und die Taten ihrer Vorgänger gewürdigt werden sollten. Früher bezeichnete man diese Prägungen als → Familienmünzen; in Münzkatalogen sind sie häufig alphabetisch nach den Namen der Münzbeamten und nicht chronologisch angeordnet. Auf römisch-republikanischen Münzen kommt als Bildnis eines Lebenden erstmals das von Caesar vor; so zeigt die Vs. eines um 44 v. Chr. geprägten Denars des Münzbeamten M. Mettius das mit einem Kranz geschmückte Kopfbild von Caesar, Umschrift IMPER(ator) CAESAR, auf der Rs. ist die Siegesgöttin Venus Victrix abgebildet, Umschrift MMETTIVS. In der römischen Kaiserzeit (27 v. Chr. bis 476 n. Chr.) wurden Reichsmünzen aus Gold, Silber, Messing und Kupfer/Bronze (aes) geprägt. Auf der Vs. dieser Münzen erscheint in der Regel das Porträt des Kaisers oder eines Angehörigen des Herrscherhauses, während die Rs.-Bilder in erster Linie der politischen Propaganda dienten bzw. die Staatsreligion manifestierten. Kennzeichnend für die römische Währung der frühen Kaiserzeit ist folgender Nominalaufbau:
1 Aureus (Gold) = 25 Denare
1 Denar (Silber) = 16 Asses
1 Sesterz (Messing) = 4 Asses
1 Dupondius (Bronze) = 2 Asses
1 As (Bronze) = 2 Semis
1 Semis (Bronze) = 2 Quadrantes
Die kleinste Münze der Nominalreihe war in der frühen Kaiserzeit der Quadrans, der aber nur selten ausgebracht wurde. Das Halbstück des Aureus und des Denars war der Quinar (quinarius aureus, quinarius argenteus). Unter Kaiser Nero (54 – 68) wurden der Aureus von 1⁄40 und 1⁄45 und der Denar von 1⁄84 auf 1⁄96 des römischen Pfunds reduziert. Die Mehrfachstücke des Aureus vom Binio (Doppelaureus) bis zum Octonio (achtfacher Aureus) waren keine Prägungen für den allgemeinen Zahlungsverkehr, sondern Donative.
Wirtschaftliche und politische Krisen führten in der Folgezeit zu schweren Erschütterungen des römischen Münzwesens. Die Münzreform des Kaisers Caracalla (211– 217) war mit der Einführung eines neuen Nominals, des Antoninianus (der Name ist eine moderne Sammlerbezeichnung; → Bicharactus), eine Silbermünze im Wert eines Doppeldenars, verbunden, die jedoch gewichtsmäßig nur 1 1⁄2 bis 1 1⁄4 Denaren entsprach und innerhalb weniger Jahrzehnte zu einer Billonmünze herabsank. Auch der Aureus im inneren Wert von 1⁄45 auf 1⁄50 des römischen Pfunds verringert. Kaiser Aurelianus (270 – 275) unternahm den Versuch, die einzelnen Nominale wieder zu einem festen Standard ausbringen zu lassen. Durch die Münzreform des Kaisers Diocletianus (284 – 305) wurden 294 als neue Silbermünzen der Argenteus (die Prägung wurde schon 312 wieder eingestellt) und dessen extrem seltenes Halbstück sowie als neue Bronzemünze der Follis (das war aber nicht der zeitgenössische Name) eingeführt. Das Gewicht des Aureus ging auf 1⁄60, später auf 1⁄70 des römischen Pfunds zurück. Die wichtige währungspolitische Maßnahme, die Kaiser Constantinus I. (306/324 – 337) im Jahr 309 zunächst in seinem Reichsteil einleitete, betraf die Ablösung des Aureus durch den Solidus zu 4,548 g (= 1⁄72 des römischen Pfunds), der seit 324 im gesamten Reichsgebiet zur Geltung gelangte und die Grundlage des spätrömischen und dann des byzantinischen Münzwesens blieb. Geprägt wurden auch Teile des Solidus’, das Halbstück (Semis) und vor allem dessen Drittel, der Tremissis, sowie Mehrfachsolidi, sogenannte Goldmedaillons. In der Zeit der constantinischen Dynastie kam es zur Prägung neuer Silbermünzen: einer leichten Miliarense (zu 1⁄72 des römischen Pfunds = 4,548 g) und einer schweren Miliarense (zu 1⁄60 des römischen Pfunds = 5,457 g). Ab etwa 355 begann die Prägung einer im Wert stark herabgesetzten Siliqua (= 1⁄144 des römischen Pfunds = 2,274 g). Das Durchschnittsgewicht des Follis verringerte sich im Zeitraum 310 bis 335 von 5,20 g auf 1,50 g. An die Stelle dieser Münze trat 346 eine wiederum versilberte Aes-Münze, die als Maiorina bezeichnet wird. Deren Halbstück im Gewicht zwischen 2 und 3 g war der Centenionalis. Da die zeitgenössischen Namen der Bronzemünzen ab der Mitte des 4. Jh. nicht sicher bekannt sind, werden sie in der numismatischen Literatur auch häufig – nach den Durchmessern geordnet – als → AE-1 bis AE-4 bezeichnet. Nach der endgültigen Teilung des Römischen Reichs im Jahr 395 verlor das Münzwesen immer mehr an Bedeutung und beschränkte sich, von wenigen Goldemissionen (Solidi, Tremissi) abgesehen, auf kleine Bronzeprägungen. 476 beseitigte Odovacar den letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustulus (475 – 476). Im Ostreich führte Kaiser Anastasios I. (491– 518) im Jahr 498 eine Münzreform durch, mit der das eigenständige byzantinische Münzwesens eingeleitet wurde.
Die Prägung der römischen Münzen der frühen Kaiserzeit erfolgte, wie literarisch bezeugt, außer in Rom noch in Lugdunum (Lyon) und Antiochia (Syrien). Erst seit der Mitte des 3. Jh. werden die nunmehr zahlreichen Münzstätten durch Buchstaben (Anfangsbuchstaben der betreffenden Städte) gekennzeichnet, z. B. Alexandria – AL, ALE, Antiochia – A, ANT, Aquileia – AQ, Arelate (Arles) – A, ARL, CONST, Camulodunum (Colchester) – C, Colonia Agrippinensis (Köln) – CA, Constantinopolis – C, CO, CON, CONS, Herakleia – H, HE, Karthago – K, PK, Kyzikos – K, KV, Londinium (London) – LO, LON, ML (unter den Usurpatoren Carausius und Allectus), Lugdunum – L, LC, LG, Mediolanum (Mailand) – MD, MED, ML, Nikomedia – N, Ostia – OST, Ravenna – RA, RAV, RAVE, Roma – R, RM, RO, ROM, Serdica – SD, SDA, Sirmium – SIRM, Siscia – SIS, SISC, Thessalonica – TES, THES, TS, Ticinum – T, Treveri (Trier) – TR. Die Münzbuchstaben erscheinen in der Regel im Abschnitt des Rs.-Bilds. Häufig sind noch den Abkürzungen der Münzstätten noch die Buchstaben M oder SM (moneta, sacra moneta) vorangestellt. Nachgestellte Ziffern oder Zahlbuchstaben (bei östlichen Münzstätten auch griechische Buchstaben) kennzeichnen die Offizinen der jeweiligen Münzstätte (z. B. I, II, III oder P [Prima], S [Secunda], T [Tertia], Q [Quarta] oder Α, Β, Γ usw.). Neben den eigentlichen Reichsmünzen wurden von Städten in zahlreichen römischen, meistens östlichen Provinzen Bronzemünzen (selten auch Silbermünzen) geprägt, die meist nur in diesen Gebieten umlauffähig waren. Am wichtigsten unter ihnen waren die Alexandriner (→ Alexandrinische Münzen), deren Reihe kontinuierlich von Kaiser Augustus (27 v. Chr. bis 14 n. Chr.) bis Kaiser Diocletianus (284 – 305) reicht.

Römische Münzen Bild 2.png
Römisches Aes signatum um 280 – 242. Der Stier symbolisiert hier das Vieh (lat. pecus), von dem der Begriff für Geld allgemein (lat. pecunia) abgeleitet worden ist. Die Originalabmessungen betragen 171 mm x 101 mm.


Römische Münzen Bild 3.png
Römischer Gold-Stater um 216 v. Chr. mit Ianus-Kopf und Schwurszene


Römische Münzen Bild 4.png
Römischer Denar 44 v. Chr., Münzmeister M. Mettius, mit dem Kopfbild des Caesar. Es ist die erste römische Münze, die einen lebenden Menschen abbildet.


Römische Münzen Bild 5.png
Quadrans des Kaisers Claudius (41–54) mit einem Modius auf der Vorderseite und der Abkürzung SC für Senatus Consulto auf der Rückseite


Römische Münzen Bild 6.png
Sesterz des Kaisers Traianus (98 – 117). Auf der Rückseite ist eine lagernde weibliche Gestalt mit Rad dargestellt. Zusammen mit der Inschrift VIA TRAIANA wird die Propagierung des von Hadrianus veranlaßten Ausbau der Via Traiana deutlich.


Römische Münzen Bild 7.png
Antoninianus des Caracalla (als Augustus 198 – 217), Kopf des Kaisers mit Strahlenkrone, auf der Rückseite der stehende Sol mit Strahlenkrone


Römische Münzen Bild 8.png
Solidus von Crispus (Caesar 316 – 326, hingerichtet), dem ältesten Sohn von Kaiser Constantinus I. (Augustus 307 – 337) mit dem gepanzerten Caesar mit Lanze und Schild, auf der Rückseite die sitzende Concordia mit Füllhorn (Cornucopia) und Hermesstab (Caduceus)


Römische Münzen Bild 9.png
Maiorina des Caesars Decentius (350 – 353) mit zwei Victorien auf der Rückseite, die einen Kranz halten, in dem sich die Inschrift VOT V MVLT X befindet. Im Abschnitt stehen die Buchstaben AQP für die Münzstätte Aquileia (das „P“ steht für die erste Offizin (prima) dieser Münzstätte.