Griechische Münzen

Aus MGM Münzlexikon
Griechische Münzen.png
Lydien, König Kroisos (561 – 546 v. Chr.), Silber-Stater mit Löwen- und Stierkopf, auf der Rückseite ein unregelmäßiges quadratum incusum

Korpus der im Altertum von Griechen und Völkern des griechischen Kulturkreises geprägten Münzen. Da sich das staatliche Leben der antiken griechischen Welt in zahlreichen Stadtstaaten (Poleis), Bünden sowie (einigen wenigen) Königreichen vollzog, die als autonome Staatengebilde fast ausnahmslos das Münzrecht, wenngleich auch in sehr unterschiedlichen Zeiträumen ausübten, war der Umfang der griechischen Münzprägung außerordentlich groß. Überliefert sind G. M. von mehr als 2000 Prägeorten des griechischen Mutterlands und der griechischen Kolonien, die sich von Spanien und Gallien über Sizilien und Unteritalien bis nach Südrußland, Kleinasien, Baktrien und Ägypten erstreckten. Hinzu kommen die Prägeorte der großen Territorialstaaten hellenistischer Zeit (Reiche Alexanders des Großen und seiner Nachfolger, 312 bis 64 v. Chr.). Nach vorherrschender Auffassung sind die ersten Münzen um 650 v. Chr. im kleinasiatischen Königreich Lydien nach einer langen geldgeschichtlichen Entwicklung entstanden, die vom Austausch naturaler Waren über das Vieh-, Waffen- und Gerätegeld sowie große Barren von Rohmetall bis zu kleinen handlichen Stücken aus Edelmetall führte. Die ältesten Münzen der antiken Mittelmeerwelt – in China kamen etwa zur gleichen Zeit Münzen in Gebrauch – bestehen aus → Elektron , sind noch von unregelmäßiger Gestalt und weisen lediglich zwei bis drei Einschläge auf der Oberseite auf, an deren Stelle später Bildsymbole und Schriftzeichen treten, sowie auf der unteren Seite den Eindruck des Prägestocks (→ [[Quadratum incusum|Quadratum incusum). Der Lyderkönig Kroisos (561– 546 v. Chr.)|dessen Reichtum sprichwörtlich geworden ist („reich wie ein Krösus“)|führte Gold und Silber als Münzmetalle (im Wertverhältnis von etwa 1:13) ein|und dieses bimetallische Geldsystem behielten die Perserkönige nach Eroberung des Lyder-Reichs (546 v. Chr.) bei. Ihre in großen Mengen geprägten Goldmünzen von 8,2 bis 8,4 g|die lange Zeit als Handelsmünzen fungierten|bilden auf der Vs. den bogenschießenden Großkönig ab und wurden deshalb in der Antike als „Bogenschützen“ bzw. nach dem König Dareios I. (521– 485 v. Chr.) als „Dareiken“ (→ Dareikos ) bezeichnet. Die mit gleichem Münzbild versehenen persischen Silbermünzen (Stater zu 11,2 g|Siglos zu 5,6 g) hatten ein kleineres Umlaufgebiet. Die den Handel fördernde Münzprägung fand bald Eingang in die wirtschaftlich bedeutenden griechischen Kolonien an der kleinasiatischen Küste (Ephesos|Milet|Chios|Lampsakos u. a.) und verbreitete sich seit dem Ende des 7. Jh. v. Chr. von dort aus rasch im gesamten Mittelmeerraum. Als erster Stadtstaat im griechischen Mutterland prägte Aegina Münzen|Didrachmen aus Silber|die auf der Vs. eine Schildkröte zeigen (daher als „Schildkröten“ bezeichnet)|auf der Rs. ein quadratum incusum. Etwa 630/20 v. Chr. begannen die bedeutenden Stadtstaaten Athen und Korinth mit eigener Münzprägung; im 6. Jh. v. Chr. folgten zahlreiche griechische Kolonien in Sizilien und Unteritalien|in Thrakien und Makedonien sowie an der Küste des Schwarzen Meers. Viele kleine Stadtstaaten auf dem Peloponnes|in Phokis|Boiotien u. a. prägten erst im 5. bzw. 4. Jh. v. Chr. Eine wesentliche Verringerung der griechischen Prägeorte erfolgte im Zusammenhang mit dem Entstehen der großen Königreiche in hellenistischer Zeit. Mit der Eroberung der einzelnen makedonischen und griechischen Staaten durch Rom (184 v. Chr. wurde Makedonien römische Provinz|146 Zerstörung des letzten autonomen griechischen Stadtstaats Korinth) wurde die griechische Münzprägung weitgehend beseitigt|sie erlosch endgültig unter dem römischen Kaiser Diocletianus (284–305)|der die letzten Bronzeprägungen einiger griechischer Städte und Gebiete in Kleinasien einstellen ließ. Den griechischen Währungssystemen lag als Gewichtseinheit das → Talent zugrunde|das territorial variierte. Vom 7. bis 5. Jh. v. Chr. war der ]] vorherrschend, er wurde in dieser Rolle durch den → Attischen Münzfuß abgelöst. Das attische Talent zu 26,196 kg war unterteilt in 60 Minen, die Mine zu 436,6 g in 100 Drachmen, die Drachme zu 4,366 g in 6 Oboloi, der Obolos zu 0,72 g in 8 Chalkoi. Athen hatte die reichste Stückelung der griechischen Währungen; zu den genannten Rechnungsmünzen kommen hinzu: 10-, 4-, 2- und 1⁄2-Drachmen-Stücke sowie 5-, 4-, 1 1⁄2-, 3⁄4-, 1⁄2-, 3⁄8-, 1⁄4- und 1⁄8-Obolen-Stücke. Andere griechische Stadtstaaten hatten davon abweichende Unterteilungen und z. T. auch anderweitige Bezeichnungen für ihre Nominale. Die künstlerische Entwicklung der G. M. vollzog sich wie in der Großkunst in drei Hauptstilepochen: der archaischen etwa 640 bis 490/80 v. Chr., der klassischen etwa 490/80 bis 323/300 v. Chr. und der hellenistischen etwa 323/300 bis 27 v. Chr. Die Einschnitte dieser Epochen wurden durch bedeutende politische Ereignisse bestimmt: die Siege Athens in den Perser-Kriegen, der Tod Alexanders des Großen (323 v. Chr.) und das Entstehen der Diadochen-Staaten sowie die unter dem Kaiser Augustus (27 v. – 14 n. Chr.) erfolgte Neuordnung der griechischen Verhältnisse. Die in archaischer Zeit geprägten Münzen mit mannigfaltigen Bildmotiven aus Tierwelt und Pflanzenreich, Abbildungen von Haus- und Kultgeräten sowie Götterbildnissen zeichnen sich durch ihre lineare Behandlung aus. Bei menschlichen Gestalten erscheinen Kopf und Unterkörper im Profil, während der Oberkörper scharf nach vorn gedreht ist (z. B. → Poseidon auf Münzen der Stadt Poseidonia). In den Münzbildern der klassischen Zeit werden einzelne Gegenstände, Tiere, Pflanzen und Menschen sowie Szenerien bis in letzte Detail naturgetreu wiedergegeben, der Künstler läßt sich beim Schaffensprozeß nicht von abstrakten Vorstellungen, sondern von seinen Beobachtungen leiten. Mensch und Tier werden in lebensvollen Stellungen und Bewegungen dargestellt. Nach Alexanders des Großen Tod kommt dann in hellenistischer Zeit dem Herrscherbildnis auf Münzen zunehmende Bedeutung zu (z. B. Kopfbild Alexanders des Großen auf den 4-Drachmen-Stücken des Königs Lysimachos (305 – 281 v. Chr.) von Thrakien; Kopfbild Antiochos I. Soter (280 – 261 v. Chr.) auf seinen eigenen Münzen. Die griechische Münzkunst erreichte im 5. Jh. v. Chr. ihren Höhepunkt. Das von Syrakus anläßlich des Sieges der Stadt über die Athener (412 v. Chr.) geprägte 10-Drachmen-Stück mit dem von Delphinen umspielten Kopf der Quellennymphe → Arethusa auf der Vs. und einem galoppierenden Viergespann, darüber eine dem Lenker entgegenschwebende → Nike mit Siegeskranz, auf der Rs. (beide Darstellungen von dem Künstler Kimon), gehört zu den schönsten Zeugnissen der griechischen Münzglyptik.

Griechische Münzen Bild 2.png
Lydien, Dareios I. (521 – 485 v. Chr.), „Dareike“ oder „Bogenschütze“ um 500 v. Chr.


Griechische Münzen Bild 3.png
Athen, Tetradrachme um 520 – 510 v. Chr., archaischer Typ


Griechische Münzen Bild 4.png
Metapont, Stater um 340 v. Chr., Gerstenähre auf der Vorderseite, jugendliches Kopfbild des Dionysos auf der Rückseite


Griechische Münzen Bild 5.png
Seleukiden-Reich, Antiochos I. Soter (280 bis 261 v. Chr.), Tetradrachme um 274 bis 270, Kopfbild von Antiochos I. Soter auf der Vorderseite und Apollon auf der Rückseite