Erzamt

Aus MGM Münzlexikon
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Der Reichsapfel im Wappenschild als heraldisches Amtszeichen des Pfalzgrafen bei Rhein auf einem Taler 1548 des Kurfürsten Friedrich II. von der Pfalz (1508 – 1556) aus der Münzstätte Neumarkt

Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation Staats- und Hofamt. Bereits am fränkischen Königshof hatten vier oberste Hofämter bestanden: Truchseß, Marschall, Kämmerer und Schenk. Das Reichsgesetz Kaiser Karls IV. (1347 bis 1378) von 1356, die → Goldene Bulle, verknüpfte hohe E. mit der Kurwürde; es legte zudem die Funktionen der einzelnen E. bei Krönungen und anderen Festlichkeiten genau fest. Die drei geistlichen und vier weltlichen → Kurfürsten führten als Inhaber je eines E. entsprechende Titel: 1. der Erzbischof von Mainz – Erzkanzler für die deutschen Territorien im Reichsgebiet (Archicancellarius per Germaniam), 2. der Erzbischof von Trier – Erzkanzler für Burgund (Archicancellarius per Galliam), 3. der Erzbischof von Köln – Erzkanzler für Italien (Archicancellarius per Italiam), 4. der König von Böhmen – Erz(mund)schenk (Archipincerna), heraldisches Amtszeichen: Doppelstaufen, 5. der Herzog von Sachsen – Erzmarschall (Archimarescallus), heraldisches Amtszeichen: goldenes Schwert, aus Symmetriegründen werden auf den Münzen zwei gekreuzte Schwerter dargestellt, 6. der Markgraf von Brandenburg – Erzkämmerer (Archicamerarius), heraldisches Amtszeichen: goldenes Zepter, 7. der Pfalzgraf bei Rhein – Erztruchseß (Archidapifer), heraldisches Amtszeichen: goldener Reichsapfel. Weitere E. waren nicht mit der Kurwürde verbunden, z. B. das Erzküchenmeisteramt, das Erzjägermeisteramt. Auch für die Kaiserin gab es besondere E., so war der Fürstabt von Fulda ihr Erzkanzler. 1622 verlor der Pfalzgraf bei Rhein (Spottname „Winterkönig“) Kurstimme und E., die beide 1623 auf den Herzog von Bayern übergingen. Der Westfälische Friede von 1648 sanktionierte diese Übertragung, anderseits wurde für die Pfalz eine 8. Kur und 1652 ein neues E., das Erzschatzmeisteramt (Archithesaurarius, heraldisches Amtszeichen: goldene Reichskrone), geschaffen. Kaiser Leopold I. (1658 –1705) verlieh 1692 dem Haus Braunschweig-Lüneburg (Hannover) die 9. Kurstimme mit dem Erzpanneramt (Erzbanneramt, Archiprimicarius), das jedoch die württembergischen Herrscher als Erbpanneramt seit 1336 erblich innehatten und weiterhin beanspruchten. Infolge der 1706 über Kurbayern ausgesprochenen Reichsacht gelangte die Pfalz 1710 wieder in den Besitz des Erztruchseßamts, das Erzschatzmeisteramt ging auf Hannover über und Württemberg wurde das Erbpanneramt bestätigt. Nachdem Bayern 1714 wieder in seine alten Würden und Rechte eingesetzt worden war, kam es zwischen Bayern und der Pfalz zu langwierigen Streitigkeiten, denen erst die Vereinigung beider Länder im Jahr 1777 unter Carl Theodor von der Pfalz ein Ende setzte.
Durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 wurde der Herzog von Württemberg als Erzbannerträger (Archivexillarius, heraldisches Amtszeichen: Reichssturmfahne mit schwarzem Adler) zum Kurfürsten erhoben und weitere Kurfürstentümer errichtet: Baden (anstelle des säkularisierten Kurfürstentums Trier), Hessen-Kassel (anstelle des säkularisierten Kurfürstentums Köln) und Salzburg. Das Kurfürstentum Mainz wurde ebenfalls säkularisiert, doch verblieb dem Erzbischof Carl Theodor Freiherr von Dalberg als Erzkurkanzler für den Rest des Erzstifts (Regensburg, Wetzlar und Aschaffenburg) die Kurwürde. Mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation 1806 erloschen Kurwürden und E. Als Kurfürstentümer bestanden weiter Hannover bis 1815 und Hessen-Kassel bis 1866. Die mit den E. verbundenen Titel sowie die heraldischen Amtszeichen (als Bestandteil des Wappenschilds oder allein) auf zahlreichen Münzen und Medaillen abgebildet.

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Georg Ludwig von Braunschweig-Lüneburg, Kurfürst von Hannover (1698–1727), Rückseite einer Medaille 1710 von Ehrenreich Hannibal auf die Übertragung des Erzschatzmeisteramts an den Kurfürsten von Hannover. Die Medaille zeigt auf der abgebildeten Rückseite die Reichskrone als Zeichen dieses Erzamtes.